Berlin / Brüssel: Noch bis zum 30. Juni 2024 hat Belgien die Ratspräsidentschaft der Europäischen Union inne, bevor Ungarn diese vom 1. Juli bis 31. Dezember 2024 übernimmt. Nach Informationen der kobinet-nachrichten gab es während der belgischen Ratspräsidentschaft gute Chancen, dass eine seit 2008 hängende EU-Antidiskriminierungsrichtlinie endlich auf den Weg gebracht werden könnte. Diese sieht u.a. vor, dass private Anbieter von Dienstleistungen und Produkten zur Barrierefreiheit verpflichtet werden. Doch wie in den Jahren zuvor, war Deutschland auch dieses Mal zentraler Bremser für die Verabschiedung der Richtlinie. Angesichts des massiven Rechtstrends in der EU könnte dies für viele Jahre die letzte ernst zu nehmende Chance gewesen sein, die Antidiskriminierungspolitik und damit auch die Barrierefreiheit in Europa zu stärken. Dass Deutschland diese Chance vor allem wegen der Vorbehalte FDP-geführter Ministerien vergeigt hat, kommt bei Behindertenverbänden nicht gut an.
„Während in Sonntagsreden ständig Vielfalt und Toleranz gepredigt wird, stellt sich die deutsche Politik in der Praxis auf EU-Ebene seit über 15 Jahren immer wieder hinter die Diskriminierer statt hinter die Diskriminierten. Das zeigt sich besonders bei der Blockade von Verpflichtungen zur Barrierefreiheit. Je länger es keine klaren und besseren Regelungen gegen Diskriminierungen gibt, umso weniger bringt das Geschwätz in Sonntagsreden. Ein paar gute Beispiele machen nämlich noch keinen Sommer. Nach 13jähriger Blockade der EU-Antidiskriminierungsrichtlinie, die schon 2008 vom Europäischen Parlament beschlossen wurde, durch die CDU, hat Deutschland durch die erneute Blockade der FDP-Ministerien erneut sein wahres Gesicht gezeigt. Dies ist nicht nur für die Betroffenen ein großes Problem, die weiterhin um den Abbau von Barrieren betteln müssen und keine nennenswerten Rechte haben, sondern höchst peinlich für Deutschland. Und dies vor allem, da der Rechtsruck in Europa eine eindeutige und starke Antidiskriminierungspolitik nötiger denn je bräuchte. Was in den USA schon seit über 30 Jahren mit dem Americans with Disabilities Act in Sachen Gleichstellung behinderter Menschen recht gut funktioniert, scheint hierzulande immer noch ein Hexenwerk zu sein. Und das täglich auf Kosten von Menschen, die auf Barrierefreiheit und Nichtdiskriminierung angewiesen sind. Danke Deutschland!“ So äusserte sich der Sprecher der LIGA Selbstvertretung, Ottmar Miles-Paul zur Blockadepolitik Deutschlands auf EU-Ebene.
Laut Miles-Paul könne es jedoch noch viel schlimmer kommen, wenn die FDP weiterhin die im Koaltionsvertrag verankerten behindertenpolitischen Reformen für mehr Barrierefreiheit und Nichtdiskriminierung im Bundesbehindertengleichstellungsgesetz (BGG) und im Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz (AGG) blockiert. Wenn auch dies vergeigt werde, sinke die Glaubwürdigkeit der Politik ins unendliche, befürchtet Ottmar Miles-Paul und appelliert an die FDP ihre Blockadehaltung für mehr Barrierefreiheit und Inklusion endlich aufzugeben.