Berlin: Mit der heute endenden Frist zur Abgabe einer Stellungnahme zum Gesetzentwurf eines Teilhabestärkungsgesetzes des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales (BMAS) bewertet die Interessenvertretung Selbstbestimmt Leben in Deutschland (ISL) das Prozedere der Verbändebeteiligung für diesen Entwurf lediglich als Vorstufe der Partizipation. Der Grund der Empörung sieht folgender Maßen aus: Der Entwurf eines für Menschen mit Behinderungen durchaus wichtigen Teilhabestärkungsgesetzes, das viele wichtige Bereiche des alltäglichen Lebens berührt, wurde erst am 22. Dezember 2020 an die Verbände versandt mit Frist "Freitag, 08. Januar 2021", nach Protesten wurde die Frist dann um eine Woche verlängert.
"Diese partizipationsfeindliche enorm kurze Frist über die Feiertage zum Jahreswechsel, verbunden mit vorgezogenen Schulschließungen und eingeschränkter Kinderbetreuung ist diesem für behinderte Menschen wichtigen Gesetz nicht würdig. Nach zahlreicher empörender Nachfragen der Verbände mit Bitte um Fristverlängerung ist man dieser zwar nachgekommen, jedoch hielt sich die Großzügigkeit des BMAS in Grenzen. Denn die Abgabefrist wurde zuerst auf Montag, den 11. Januar – also um einen ganzen Arbeitstag, verschoben“, erklärt und bedankt sich Wiebke Schär von der ISL-Geschäftsführung wütend. "Nach weiteren Protesten wurde uns nun der 15. Januar eingeräumt."
"Wenn das neue Jahr mit all seinen Einschränkungen im Alltag schon so anfängt, dann fordern wir endlich eine faire Partizipation für die kommenden Gesetzesvorhaben, um uns als gemeinnütziger Verein mit knappen Ressourcen wirklich beteiligen zu können. Schließlich geht es in 2021 um noch viel mehr als dieses eine Gesetz“, so Wiebke Schär weiter. Denn es stünden viele wichtige Themen ins Haus: "Die Umsetzung eines europäischen Barrierefreiheitsgesetzes (EAA), das auch endlich die private Wirtschaft zur Barrierefreiheit in einigen Bereichen verpflichtet. Es finden viele wichtige Landtagswahlen und die Bundestagswahl statt. Weiterhin brennen Themen zur Corona-Pandemie: Eine für behinderte Menschen nicht gleichberechtigte Impfstrategie des Bundesgesundheitsministeriums (BMG) und die schon in Krankenhäusern angewendete Triage, die entscheidet, wer intensivmedizinisch behandelt wird oder sterben muss."
Die Bundesregierung und der gesamte ministeriale Apparat müsse endlich u.a. ein vernünftiges Zeitmanagement geregelt bekommen, die eine wertschätzende, ernstgemeinte und barrierefreie Beteiligung der Zivilgesellschaft zulässt.
Hier empfiehlt die ISL e.V. den Ministerien wärmstens die noch immer aktuelle Broschüre des Verbandes Netzwerk Artikel 3 (NW3): „Nichts über uns ohne uns!“ – Von der Alibi-Beteiligung zur Mitentscheidung! Eine Handreichung zur Umsetzung des Gebotes der „Partizipation“ der UN-Behindertenrechtskonvention.
Die Stellungnahme der ISL zum Entwurf eines Teilhabestärkungsgesetzes, um das es eigentlich in dieser Veröffentlichung gehen sollte, kann hier heruntergeladen werden: Stellungnahme zum Entwurf eines Teilhabestärkungsgesetzes der Interessenvertretung Selbstbestimmt Leben in Deutschland e.V. - ISL (isl-ev.de)