Berlin: Eine tierisch geprägte Debatte fand heute im Deutschen Bundestag zum Teilhabestärkungsgesetz statt. Denn bei dem Gesetz geht es u.a. auch um die Verbesserung der Situation von Nutzer*innen von Assistenzhunden. Aber auch Themen wie die noch nicht gelöste Assistenz im Krankenhaus, die Verbesserung der beruflichen Inklusion beispielsweise durch das Budget für Ausbildung und die Barrierefreiheit standen im Zentrum der Redebeiträge der Bundestagsabgeordneten.
Dass es nun Regelungen zu Assistenzhunden gibt und die Nutzer*innen solcher vor Diskriminierungen geschützt werden sollen, das wurde von den meisten Redner*innen als positiv bewertet. Dass es hier aber noch einiges zu regeln gilt, um überhaupt erst die Anschaffung und adäquate Ausbildung von Assistenzhunden zu ermöglichen, wurde in der Debatte auch deutlich.
Beim Thema Assistenz im Krankenhaus lieferte die behindertenpolitische Sprecherin der Bundestagsfraktion von Bündnis 90/Die Grünen ein feuriges Plädoyer dafür, dass hierfür noch in dieser Legislaturperiode eine Lösung gefunden werden muss. Behinderte Menschen seien hier schlichtweg lebensgefährlichen Situationen ausgesetzt. Vonseiten der Behindertenbeauftragten der SPD-Fraktion, Angelika Glöckner, gab es hierbei Schuldzuweisungen an das CDU-geführte Bundesgesundheitsministerium während das SPD-geführte Bundesministerium für Arbeit und Soziales vieles versucht hätte. Dies wurde von Stephan Stracke von der CDU/CSU dahingehend gekontert, dass dieses Probleme eine gemeinsame Aufgabe ist. Er zeigte sich nach einer Zwischenfrage von Coronna Rüffer hoffnungsvoll und offen, dass bei dieser Frage in den weiteren Beratungen noch nach einer Lösung gesucht werde.
Beim Budget für Ausbildung wurde die Weiterentwicklung unter anderem dahingehend begrüßt, dass dieses zukünftig auch von Beschäftigten im Arbeitsbereich der Werkstätten in Anspruch genommen werden kann. Es wurde aber auch deutlich, dass es noch viel zu wenige Nutzer*innen des Budgets für Ausbildung, aber auch des Budgets für Arbeit, und damit für Alternativen zur Werkstatt für behinderte Menschen gibt.
Beim Thema Barrierefreiheit kritisierte der Sprecher für Inklusion und Teilhabe der Linksfraktion Sören Pellmann, dass die Bundeskanzlerin in ihren Ausführungen zur Corona-Pandemie kein Wort zur Barrierefreiheit verloren hat. Er kritisierte auch, dass bei den Regelungen zu digitalen Gesundheitsleistungen Aussagen zur Barrierefreiheit Fehlanzeige sind. Corinna Rüffer von den Grünen fragte in ihrem Redebeitrag, den sie auf den heutigen 12. Jahrestag der UN-Behindertenrechtskonvention aufbaute, warum es keinen Ansatz im Teilhabestärkungsgesetz gibt, mit dem die Privatwirtschaft endlich zur Barrierefreiheit verpflichtet wird. Dies fordern die Behindertenverbände, stellte sie klar.
Und vieles fehlt in dem sogenannten Teilhabestärkungsgesetz. Für Sören Pellmann geht es beispielsweise gar nicht, dass weiterhin das Zwangspoolen im Bundesteilhabegesetz festgeschrieben ist. Und von echter Teilhabe sei nach wie vor in vielen Bereichen keine Spur, betonten einige Abgeordnete. "Wo ist die angekündgite Erhöhung der Ausgleichsabgabe?", fragte Corinna Rüffer und kritisierte, dass hierzu im Gesetz nichts zu finden sei. Sie betonte auch, dass behinderte Menschen wählen können müssen, mit wem sie zusammen leben möchten und dass sie echte Alternativen zu einer Werkstatt für behinderte Menschen benötigen. Der teilhabepolitische Sprecher der FDP-Fraktion Jens Beeck kritisierte die noch geringe Nutzung beim Budget für Arbeit und betonte den nötigen personenzentrierten Ansatz, der oft nicht gegeben sei. Es gäbe in dem vorliegenden Gesetz noch viel Luft nach oben, vor allem beim Gewaltschutz, wofür es klare Zuständigkeiten für die staatliche Aufsicht brauche. Vorkommnisse in Einrichtungen wie beim Wittekindshof in Bad Oeynhausen seien Staatsversagen
Zusammenfassend war dies eine Debatte, die zwar nur wenige Höhepunkte hatte, aber dennoch interessant anzuhören ist, weil sie den Stand der behindertenpolitischen Diskussion 12 Jahre nach Inkrafttreten der UN-Behindertenrechtskonvention gut widerspiegelt. Gespannt darf man nun auf die weiteren Beratungen im Ausschuss, die Anhörung am 19. April und letztendlich auf die Änderungen, die noch von den Bundestagsabgeordneten eingebracht und beschlossen werden, sein.