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Aufruf zur Kundgebung und kollektiver Bahnfahrt von Köln Messe Deutz nach Frankfurt

Köln: Der rollfende Widerstand - direkte Aktion gegen Barrieren ist eine bunte Gruppe aus Menschen mit und ohne Behinderung. Sie wollen für den barrierearmen Ausbau der öffentlichen Verkehrsmittel demonstrieren. "Am Freitag, den 19. August, ab 10.00 Uhr am (noch nicht barrierefreien) Bahnhof Köln Messe Deutz. Gegen 12.00 geht's los mit dem 9 Euro Ticket und mehreren Rollstuhlfahrer*innen nach Frankfurt am Main (dort ist der Sitz der Bahn und selbst in Frankfurt sind nicht alle Fern- und Regionalverkehr-Bahnhöfe barrierefrei). Kommt vorbei oder begleitet uns auf der Zugfahrt!" heißt es im Aufruf für die Kundgebung und Aktion.

Dass der Klimawandel eine ernsthafte Bedrohung ist, sei mitterweile jedem klar. Das 9 Euro Ticket habe mit überfüllten Zügen bewiesen, dass Menschen bereit sind, auf klimafreundliche öffentliche Verkehrsmittel umzusteigen, es habe aber auch gezeigt, dass diese dringend ausgebaut werden müssen, und dabei gehe es neben mehr Platz in Zügen und besseren Verbindungen auch darum, Barrieren für die ca. 10 Prozent der Menschen in Deutschland, die mit einer Behinderung leben, abzubauen, heißt es im Aufruf für die Aktion.

“Das Zug- und Busnetz muss jetzt ausgebaut werden, das ist der Moment, uns gleich mitzudenken und neue Züge oder Bahnhöfe von Anfang an so zu bauen, dass wir mitfahren können!”, teilte Max, Klimaaktivist und Rollstuhlfahrer, in der Pressemeldung des Rollfenden Widerstands – Direkte Aktion gegen Barrieren mit. Noch immer seien viele zentrale Bahnhöfe, wie der in Köln Messe Deutz oder der in Frankfurt West oder Frankfurt Süd nicht stufenlos zu erreichen. Selbst in neuen ICEs würden weder Belange von Rollstuhlnutzer*innen noch die von anderen Menschen mit Behinderungen und chronischen Erkrankungen berücksichtigt. Viele Menschen mit Behinderung seien zusätzlich von Armut betroffen; für sie und alle anderen mit geringerem Einkommen stellten auch die regulären hohen Ticketpreise eine Barriere für das Bahnfahren dar. „Es kann nicht sein, dass nur Reiche und Gesunde die Möglichkeit haben, sich klimafreundlich zu verhalten,” sagtTamara, die an einer chronisch entzündlichen Rückenkrankheit leide und deshalb nur halbtags arbeiten könne. „Wenn es uns ernst ist mit Klimaschutz, müssen wir den öffentlichen Verkehr so ausbauen, dass es für alle möglich ist mitzufahren.”

„Was wir hier fordern, ist nicht übertrieben und sogar bereits gesetzlich vorgeschrieben: Alle Menschen haben gemäß Grundgesetz das Recht auf Teilhabe am öffentlichen Leben und niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden. Die bereits 2009 ratifizierte UN-Behindertenrechtskonvention verpflichtet Deutschland dazu, im öffentlichen Raum einen ‚gleichberechtigten Zugang […] zu Transportmitteln‘ zu schaffen. Seit dem 1.1.2022 soll laut Personenbeförderungsgesetz (PBefG) der öffentliche Nahverkehr barrierefrei sein“, heißt es weiter im Aufruf für die Aktion, der den kobinet-nachrichten vorliegt.

Dass es im öffentlichen Nahverkehr noch viele Barrieren gibt, will der Rollfende Widerstand mit einer gemeinsamen Zugfahrt aufzeigen. “Wir sind gespannt, wie es sein wird, mit gleich mehreren Menschen mit Behinderung eine so lange Zugfahrt zu machen”, sagt die Behindertenrechtsaktivistin und Rollstuhlfahrerin Cécile. Der Weg vom Ottoplatz zum Abfahrtsgleis wird wohl die erste Barriere darstellen, denn hier gibt es keinen Aufzug. Vor den Rolltreppen sieht man lediglich ein Schild mit einem durchgestrichenen Kinderwagen. Auf offizielle Presseanfragen an die Stadt Köln zum barrierenfreien Ausbau der ÖPNV Infrastruktur, darunter die des Bahnhofs Köln-Messe Deutz, gab es seit Februar 2022 noch keine Antwort, heißt es weiter im Aufruf.

“Die Tatsache, dass Anfragen ignoriert werden und der Ausbau kaum vorangetrieben wird, zeugt von einer ableistischen Politik,” sagt Cécile und erklärt dann: “Ableismus kommt aus dem Englischen von „to be able“, also fähig sein und ist ein Wort, das Diskriminierung von Menschen mit Behinderung aufzeigt.” Ableismus werde oft als Behindertenfeindlichkeit übersetzt, es gehe dabei aber auch um strukturelle Diskriminierung von Menschen mit Behinderungen. Darunter falle zum Beispiel, dass Gleise wegen der Stufen für Menschen mit Rollstuhl nicht zugänglich sind, aber auch ein fehlendes oder mangelhaftes Blindenleitsystem. „Barrierefreiheit darf nicht auf Rampen reduziert werden. Es bedeutet viel mehr!“ ergänzt Max.

Die Gruppe Rollfender Widerstand hat eine Liste mit Ideen gesammelt, wie die Bahn für Menschen mit Behinderungen und chronischen Krankheiten zugänglicher werden kann.

– Mobilitätsservice: Unbürokratisch und ohne Anmeldung, verfügbar solange Züge fahren

– Berücksichtigung unterschiedlicher Behinderungen und Einschränkungen bei der Infrastruktur: z.B (rollstuhlbefahrbare) Liegewagen und Ruhewagen für neurodivergente Menschen und für chronisch Kranke, die sich ausruhen müssen oder nicht lange sitzen können

– Durchsagen sowohl per Lautsprecher als auch auf der Anzeigetafel

– Unbürokratische Entschädigung von Betroffenen bei Barrieren und Diskriminierung

– Schulung über Ableismus für Mitarbeitende der Deutschen Bahn

– Weiterhin Maskenpflicht, da wichtig für Menschen mit Immunschwäche

– Mehr als einen Wagen mit Rollstuhlplätzen pro Zug

– Keine neuen Züge mit Stufen bestellen

– Mehr Sitzgelegenheiten an Bahnhöfen

– Ausbau: Mehr Platz, mehr erreichbare Orte, direktere Verbindungen

– Möglichst kostenfrei (z. B. 9-Euro-Ticket)

Weil Menschen verschieden sind und sich nicht allen Menschen dieselben Barrieren stellen, ruft die Gruppe andere von Ableismus Betroffene dazu auf, zu ergänzen, was die Barrieren, die sich ihnen bei Zug oder Bahnfahrten stellen, abbauen könnte. Von Barrierefreiheit würden alle profitieren. Inbesondere auch Menschen mit Kinderwagen und schwerem Gepäck, heißt es abschließend im Aufruf.