Berlin: "Euer Mitmachen und das Vertrauen in diese Aktion hat uns überwältigt. Wir haben viele Berichte per E-Mail und über Twitter und Facebook von Euch erhalten. Das hat uns sehr glücklich gemacht und es bestärkt uns weiterhin in unserer Arbeit mit den vielen anderen Fahrgästen mit Behinderungen da draußen – ob alleine, mit oder ohne Verband, hauptamtlich oder ehrenamtlich. Einige von Euch konnten wir persönlich in Berlin begrüßen. Andere haben uns parallel geschrieben. Manche mussten ihre Reise auch durch unvorhersehbare Ereignisse abbrechen. Ihr habt uns stets informiert. Das war echt gut! Was sonst noch so geschah könnt Ihr unten über die Verlinkungen erfahren!" Das schrieb Alexander Ahrens von der Interessenvertretung Selbstbestimmt Leben in Deutschland (ISL) im Nachgang zur Bahn-Aktion zum Europäischen Protesttag zur Gleichstellung behinderter Menschen und verweist auf einige Links über Berichte von der Bahn-Aktion am 5. Mai.
Und weiter schrieb Alexander Ahrens: „Wir haben Euch eine kleine Auswahl (nicht vollständig) an Artikeln, Podcasts und Videos zusammengestellt:
Kurz und Heute – Deutschlandfunk Nova: Züge – Barrierefreiheit nicht gegeben auf Apple Podcasts
Mit Verspätung ist zu rechnen! – YouTube
Protesttag für Gleichstellung: Immer noch Hürden bei Inklusion | tagesschau.de
Hin in überfülltem Zug – zurück zu Fuß auf dem Jakobsweg | kobinet-nachrichten
Alle in einen Zug: Peer Counselor*innen testeten die Bahn | kobinet-nachrichten
Pünktlich sein beim Protesttag ist gar nicht so einfach | kobinet-nachrichten
tagesschau-Bericht über Bahnaktion und Berliner Demo zum Protesttag | kobinet-nachrichten
Endlich mit dem Zug angekommen und gleich zum Verkehrsministerium | kobinet-nachrichten
Erste Probleme bei Bahn-Aktion zur Barrierefreiheit | kobinet-nachrichten
Erste Erfahrungen im Vorfeld der Bahntour zur Barrierefreiheit am 5. Mai | kobinet-nachrichten
Auch das Video aus dem letzten Jahr (an Aktualität leider nichts verloren) wollen wir Euch nicht vorenthalten, denn hier haben viele mitgewirkt, die uns auch in diesem Jahr erneut tatkräftig unterstützt haben: Barrieren beim Bahnfahren. Alltag für Menschen mit Behinderungen. Protestaktion 5.5.22 in Berlin – YouTube
Bleibt weiterhin präsent! Bleibt weiterhin am Thema dran! Wir bleiben es auch. Lasst Euch nicht entmutigen! Stück für Stück hin zu einer barrierefreien Bahn.“
Daniel Neugebauer hat folgenden Bericht über seine Erfahrungen mit der Bahn-Aktion geschrieben:
„Dieses Jahr war es wieder soweit! Am 5. Mai ging es für mich und ein paar Freunde mit dem ICE von München nach Berlin. Unter dem Motto ‚Nichts geht mehr! Mit Verspätung ist zu rechnen‘ machten wir uns auf den Weg mit der Deutschen Bahn, um auf die Barrieren aufmerksam zu machen. Es ging ja schon mal damit los, dass ich erstmal hoffen musste, dass sich der Mobilitätsservice nicht wieder bei mir meldet und sagt: ‚Sie müssen eine andere Verbindung nehmen, da das Mobilitätsservicepersonal schon ausgelastet ist.‘ oder ‚Wir müssen Ihnen mitteilen, dass leider keine Rampe für den Einstieg verfügbar ist.‘ Dies passiert leider viel zu oft! Aber am 5. Mai hat alles gut geklappt und wir sind in Berlin rechtzeitig und gut angekommen. Vom Bahnhof aus ging es gleich bei strahlendem Sonnenschein zum Brandenburger Tor. Nach einer kleinen Stärkung schlossen wir uns dem Demonstrationszug vom Brandenburger Tor bis zum Roten Rathaus an. Es war für uns ein sehr aufregender Tag und es hat uns sehr angespornt, bei dem Protest mitzumachen und durch die Stimmung die dort herrschte, machte es viel Spaß im Rollstuhl mitzufahren. Ich hoffe sehr, dass es zu einem Umdenken bei der Politik kommen wird und alle, die bei dem Protesttag mitgemacht haben auch dieses Jahr ein Zeichen setzen konnten, um zu zeigen, an welchen Stellen es noch mangelt und wo noch Lücken bei der Umsetzung sind.
Der Platz vor dem Roten Rathaus in Berlin war das Ziel des Protestzugs und es war ein tolles Gefühl in der Menge zwischen den Menschen mit unterschiedlichen Beeinträchtigungen dabei zu sein und für eine Gleichstellung und für unsere Rechte zu kämpfen. Ein wichtiger Punkt bei dieser Aktion war auch, dass die Deutsche Bahn für Menschen mit Mobilitätseinschränkungen eine unzureichende Hilfeleistung erbringt. Alle bisherigen Versuche, an diesem Problem etwas zu verbessern, haben leider nicht dazu geführt, dass die Bahn von allen Menschen gleichermaßen genutzt werden kann. Ich bin mir sicher, dass wir noch viel mehr brauchen, als diese Protestaktion, um einen barrierefreien inklusiven ÖPNV zu erreichen. Die Politik weiß genau, wo die Probleme und Hürden liegen. Doch leider wird viel zu wenig dafür getan! Ich hoffe, dass durch den Protesttag und die große Teilnahme von Menschen mit Behinderungen, einige Personen in der Politik wieder wachgerüttelt worden sind und sie endlich etwas tun, um uns das Leben zu erleichtern. Denkt bitte an unsere Rechte!“
Patricia Koller berichtet:
„Aus gesundheitlichen Gründen wurde es nur eine Fahrt nach Nürnberg (Fürth), da ich wegen einer kleinen OP noch etwas leidend bin. Auf der Hinfahrt hat uns (Begleitperson und mich) die Bahn positiv überrascht. Wir kamen erst kurz vor Abfahrt an, da der Taxifahrer jeden erdenklichen Umweg gefahren ist, um mehr Geld zu verdienen. Wir standen also drei Minuten vor Abfahrt am Infoschalter und waren schon recht aufgelöst. Die Reaktion war auch entsprechend grantig und man teilte uns mit, dass das in drei Minuten nicht zu schaffen sei. ABER sie haben es trotzdem versucht. Eine Dame rannte am Zug nach vorne. Ich fuhr mit Vollgas (soviel ein Rolli mit e-fix von Alber eben hergibt) hinterher. Sie legte den Hublift an. Ich sauste krachend (da mit meinem breiten Rollstuhl immer aneckend) über die Rampe und schwupp waren wir drinnen. Kurz nachdem sich meine Begleitung gesetzt hatte, fuhren wir auch schon los. Hierzu mein Dank und mein Respekt, dass die Bahn es doch noch ermöglicht hat.
In Nürnberg holte mich dann ein sehr freundlicher Mitarbeiter des Mobilitätsservices aus dem Zug, den ich im Januar schon mal gesehen hatte. Er war uns damals sehr positiv aufgefallen, weil er uns wie VIPs behandelt hatte und uns sogar einen Zug früher heimfahren ließ, damit wir nicht an dem gefährlichen Bahnhof (Nürnberg gilt als einer der gefährlichsten Bahnhöfe in Deutschland, wie wir an diesem Tag erfuhren) bleiben mussten. Als ich ihn wiedererkannte, sprach ich es an, dass er sich das letzte Mal so nett um uns gekümmert hatte und er freute sich und strahlte über das ganze Gesicht. ‚So etwas hört man heutzutage auch selten‘, meinte er dann. Ich fragte, ob er am Abend dann auch wieder für uns zuständig sei, aber da hätte er dann Feierabend und ein Kollege würde das übernehmen.
Die Rückfahrt war schwieriger. Wir waren superpünktlich, d.h. viel zu früh am Bahnhof Nürnberg. Der Zug hatte Verspätung und dann noch mehr und noch mehr. Irgendwann stand er dann tatsächlich vor uns. Der freundliche Bahnservicemitarbeiter machte sich nochmal bemerkbar und verabschiedete sich von uns in den Feierabend und übergab uns an den Kollegen, der auch bemüht war, einen guten Eindruck zu machen, da wir ihm als ‚Lieblingskundschaft‘ ans Herz gelegt wurden. Wir kamen dann sehr viel später in München an, da der Zug auf der Strecke stehenbleiben musste. Das Problem wurde uns über Lautsprecher mitgeteilt. Die Signale waren ausgefallen. Mittlerweile war es stockfinster (es ging gegen Mitternacht) und der Zug fuhr ‚auf Sicht‘, da nichts mehr funktionierte wie es sollte. Die Durchsagen im Zug führten so langsam zur allgemeinen Belustigung. Geschätzte Verspätung: eine Stunde. Ich weiß es nicht genau. Im Schneckentempo ging es dann zum Hauptbahnhof. Ich war schon sehr angespannt, da man mich in München schon mal im Zug vergessen hatte und ich um Mitternacht alleine im leeren Zug stand, während alle anderen längst zu ihren Anschlusszügen und Taxis etc. unterwegs waren. Wieder waren alle anderen Fahrgäste längst ausgestiegen und ich war mit meinem Begleiter alleine im Zug. Hoffentlich haben sie uns auf dem Schirm, dachte ich. Immerhin war ich beruhigt, dass hier Endstation war, denn so war gesichert, dass ich nicht unfreiwillig in einer anderen Stadt landen würde.
Mein Assistent hielt also am Bahnsteig Ausschau und nach einer Weile entdeckte er in weiter Ferne (wir waren auf dem Rolliplatz am allerletzten Ende des Zuges) zwei Frauen mit einem Hublift. Die Damen hatten offensichtlich nicht viel Erfahrung mit dem Gerät. Kaum hatte ich mich mit meinem breiten Rolli über die schmale Rampe in den Käfig gekämpft, knallte dieser auch in einem Rutsch nach unten. Sie hatten keine Kontrolle über den Hublift, aber es war ja nochmal glimpflich ausgegangen. Ich bedankte mich trotzdem fürs Rausholen und dann ging es gegen ein Uhr morgens in Richtung Zuhause und von dort aus direkt in die Heia.
Tolle Idee, tolle Aktion! Gratuliere!“