Baindt im Landkreis Ravensburg (kobinet) Marion Jurgovsky verfolgt mit großem Interesse die Berichte in Sachen Barrieren bei der Nutzung der Deutschen Bahn, denn sie mag Bahnfahren, wie alle anderen auch. kobinet-Redakteur Ottmar Miles-Paul führte mit der Nutzerin eines Elektrorollstuhls aus Oberschwaben folgendes Interview über ihre Erfahrungen mit dem Bahnfahren.
kobinet-nachrichten: Sie verfolgen mit großem Interesse die Berichterstattung in Sachen Barrieren bei der Nutzung der Deutschen Bahn. Was beschäftigt Sie dabei besonders?
Marion Jurgovsky: Mir ist wichtig, dass die Nutzung der Öffentlichen Verkehrsmittel für alle gleichermaßen möglich ist. Mobilität ist für alle wichtig, und für Menschen, denen das Führen eines PKW nicht möglich ist noch mehr. Es gibt hier aber sehr viele Einschränkungen: Wie ja in den Berichten der kobinet-nachrichten bereits erwähnt, ist die Unterstützung bei Ein-, Um- und Ausstiegen an bestimmte Servicezeiten gebunden, dadurch können evtl. Veranstaltungen nicht von Anfang bis Ende besucht werden, oder ganz generell Termine nicht wahrgenommen werden usw.. Ich mag einfach Bahnfahren, wie alle anderen auch.
kobinet-nachrichten: Welche konkreten Erfahrungen machen Sie, wenn Sie mit der Deutschen Bahn unterwegs sind?
Marion Jurgovsky: Das ist unterschiedlich. Im Regionalverkehr geht vieles leichter und unkomplizierter, mit IC oder ICE geht ohne Voranmeldung gar nichts.
Ich habe lange in München gewohnt und wollte mal regional nach Weilheim fahren (war nicht angemeldet). In München wurde mir in den Zug geholfen, aber in Weilheim kam ich nicht raus. Ich konnte erst in Kempten aussteigen, und von dort wieder zurück nach München fahren.
Nun lebe ich im Landkreis Ravensburg. Der Bahnhof Ravensburg hat kein Serviceangebot. Die Aufzüge sind öfter mal defekt. Bei einer Fahrtanmeldung über die Mobilitätsservice-Zentrale (MSZ) wurde ich immerhin darauf mal hingewiesen, ein anderes Mal nicht. Passanten haben mich dann unterstützt.
Einmal habe ich eine Fahrt angemeldet, der Zug kam, hatte eine eigene Rampe, aber dem Zugpersonal gelang es nicht, diese zu bedienen. Deshalb wurde ich trotz Voranmeldung nicht mitgenommen und kam viel zu spät zu einer Verabredung.
kobinet-nachrichten: Haben Sie auch gute Erfahrungen gemacht?
Marion Jurgovsky: Ja durchaus. Ich bin mit Regionalzügen ohne Anmeldung unterwegs gewesen. Manchmal wurde dann im Zug sogar eine Umstiegshilfe organisiert, ohne dass ich darum gebeten habe. Das war in manchen Fällen tatsächlich hilfreich, weil der erste Zug Verspätung hatte, und der zweite durch die Vormeldung auf mich gewartet hat.
Einmal stand ich mit meinem E-Rolli auf einem Gleis am Stadtbahnhof in Friedrichshafen. Dieser Bahnhof hat keinen Aufzug zu den Gleisen. Ich kam dort an und wollte umsteigen, aber hätte das Gleis wechseln müssen und war nicht angemeldet. Ein Zugführer eines dort haltenden Zuges hat dann für mich organisiert, dass der Zug, den ich brauchte, auf das Gleis umgeleitet wurde, auf dem ich stand.
Ein andermal fuhr ich (angemeldet) von Ravensburg nach Bremen. Die Info., dass der Aufzug in Ravensburg defekt war, hatte ich nicht. Zufällig waren vier Polizisten vor Ort, die mir meinen E-Rolli auf das Gleis trugen, auf dem mein erster Zug abfuhr. Beim Umstieg in Ulm stellte sich heraus, dass die Zugtür zum Rollstuhlplatz defekt war. Naja, die wurde dann mit Gewalt aufgemacht, dann konnte ich mitfahren.
kobinet-nachrichten: Wenn Sie zwei Wünsche in Sachen Barrierefreiheit bei der Bahn hätten, welche wären das?
Marion Jurgovsky: Dass alle Bahnhöfe und Züge barrierefrei sind und jeder Mensch zu jeder Zeit alle angebotenen Dienstleistungen der Deutschen Bahn gleichermaßen nutzen kann.
kobinet-nachrichten: Vielen Dank für das Interview.
Link zum kobinet-Bericht "5 Jahre Kampf ums Mitgenommen werden bei der Bahn" vom 7.3.2022