Kaiserslautern: Am 16. März fand auf Einladung des Inklusionsbeirates der Stadt Kaiserslautern eine öffentliche "Berollung bzw. Begehung“ des Rathauses von Kaiserslautern statt. Der Einladung folgten für den Stadtvorstand Bürgermeisterin Frau Kimmel und Sozialdezernentin Frau Pfeiffer, Vertreter*innen der Fraktionen der Grünen, der Linken, der SPD und der CDU, sowie eine Vertreterin des Seniorenbeirates und zwei Mitglieder des Blinden- und Sehbehindertenverbandes. Desweiteren nahmen Betroffenenvertreter*innen des Inklusionsbeirates und Pressevertreter*innen teil, wie es in einer Presseinformation des Inklusionsbeirats der Stadt Kaiserslautern heißt.
Ziel der Berollung / Begehung war es, die politischen Akteure der Stadt und die Öffentlichkeit für die Belange der Menschen mit Behinderungen zu sensibilisieren. Insbesondere galt es, auf die eklatanten Missstände bezüglich der Barrierefreiheit in den drei Standorten des Rathauses der Stadt (Rathaus Hauptgebäude, Willy-Brandt-Platz 1; Rathaus West Maxstraße 17-19; Rathaus Nord, Lauterstr. 2 / Benzinoring 1) aufmerksam zu machen. Die Liste der Barrieren, auf die Menschen mit körperlichen, kognitiven oder sensorischen Einschränkungen in den drei Standorten des Rathauses stoßen, ist nach Informationen des Inklusionsbeirats lang. Vor allem betrifft das die öffentlichen Zugänge zu den Gebäuden, die Eingangsbereiche, Toilettenanlagen, Fahrstühle, sowie das Fehlen von Hinweisschildern, Wegweisern, akustischen Signalen und kontrastreichen Markierungen oder Blindenschrift auf Aufzugsknöpfen.
"Sowohl Frau Kimmel als auch Frau Pfeiffer zeigten sich als Vertreterinnen des Stadtvorstandes sichtlich überrascht, in welchen Ausmaß beeinträchtigte Menschen im Rathaus behindert und benachteiligt werden und wie weit der gegenwärtige bauliche Zustand der Gebäude Menschen mit Behinderungen von der Teilhabe am öffentlichen Leben ausgrenzt. Dass jeder Mensch unabhängig von seinem Alter irgendwann entweder dauerhaft, temporär oder situativ von Beeinträchtigungen betroffen sein kann, macht zusätzlich deutlich, wie wichtig eine Sensibilisierung für das Thema ist. Barrierefreiheit ist die Grundlage für ein selbstbestimmtes Leben. Es sollte prinzipiell allen Menschen ermöglicht werden, selbstbestimmt und unabhängig von der Hilfe von anderen, am gesellschaftlichen Leben teil zu haben", heißt es in der Presseinformation des Inklusionsbeirats Kaiserslautern.
Im Behindertengleichstellungsgesetz (BGG) wurde Barrierefreiheit wie folgt definiert: "Barrierefrei sind bauliche und sonstige Anlagen, Verkehrsmittel, technische Gebrauchsgegenstände, Systeme der Informationsverarbeitung, akustische und visuelle Informationsquellen und Kommunikationseinrichtungen sowie andere gestaltete Lebensbereiche, wenn sie für Menschen mit Behinderungen in der allgemein üblichen Weise, ohne besondere Erschwernis und grundsätzlich ohne fremde Hilfe auffindbar, zugänglich und nutzbar sind. Hierbei ist die Nutzung behinderungsbedingt notwendiger Hilfsmittel zulässig.“ Auch in Rheinland-Pfalz wurde diese Definition übernommen. Ziel des Landesgesetzes ist laut § 1 die "(...) Benachteiligungen von behinderten Menschen zu beseitigen und zu verhindern, sowie ihnen die gleichberechtigte Teilhabe am Leben in der Gesellschaft zu gewährleisten und eine selbstbestimmte Lebensführung zu ermöglichen.“ Alle öffentlichen Stellen müssen dieses Ziel berücksichtigen und aktiv fördern (§ 5). Somit werde deutlich, dass es ein Recht auf Barrierefreiheit gibt und dieses Recht auch in Kaiserslautern umgesetzt werden muss.
"Es ist daher notwendig, schnellstmöglich die eklatanten Missstände in in den öffentlichen Gebäuden der Stadt zu beheben. Dabei sollte in allen Bereichen unbedingt auf die Umsetzung der DIN-Norm 18040-01 geachtet werden. Die DIN 18040 ist in Deutschland die Grundnorm für das barrierefreie Bauen und Planen, welche unter Einbeziehung von Menschen mit Behinderung entstanden und somit genau an deren Bedarfe ausgerichtet ist. Ziel dieser Norm ist die Barrierefreiheit baulicher Anlagen, damit sie für Menschen mit Behinderung in der allgemein üblichen Weise, ohne besondere Erschwernis und grundsätzlich ohne fremde Hilfe zugänglich und nutzbar sind (nach § 4 BGG Behindertengleichstellungsgesetz)", betont der Inklusionsbeirat.
Bei einem abschließenden Austausch im großen Ratssaal waren sich alle Beteiligten darüber einig, dass es notwendig ist, die bestehenden Barrieren schnellstmöglich abzubauen und sowohl den Stadtrat, die Verwaltung, sowie die Öffentlichkeit für die Belange der Menschen mit Beeinträchtigungen zu sensibilisieren. In Bezug auf die verschiedenen Standorte des Rathauses wurde jedoch auch die Problematik des Denkmalschutzes und besondere baulichen Herausforderungen angesprochen. Eine Teilnehmerin mahnte jedoch an, dass auch hier Barrierefreiheit den gleichen Stellenwert wie der Brandschutz haben sollte. Die Teilnehmenden verständigten sich darauf, in einem halben Jahr nochmals zusammenzukommen, um zu überprüfen, in wie weit positive Veränderungen stattgefunden haben. Letztendlich geht es bei dem Abbau von Barrieren auch um die Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention und somit um die Achtung der Menschenwürde und die grundlegenden Menschenrechte und Grundfreiheiten von allen Menschen mit Behinderungen, betonte der Inklusionsbeirat.